Jugendguide-Qualifizierung 2020: Digital und real für das Erinnern

Verfasst von Nadine Kaczmarek

Alles nicht wie gewohnt. Auch die Qualifizierung der Jugendguides im Landkreis Tübingen blieb nicht von Corona verschont. Statt einer dreitägigen Exkursion ins Elsass zur Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof ging es erstmal online. Der diesjährige Jahrgang, immerhin eine Gruppe von fast 30 Jugendlichen und jungen Erwachsenen, lernte sich das erste Mal am Computerbildschirm kennen. Ungewohnt aber nicht uninteressant. In drei Videokonferenzen Ende Mai wurde grundlegendes Handwerkszeug im Umgang mit historischen Inhalten vermittelt, unter anderem wie man einen roten Faden in seinen Vortrag knüpft.

Nach dem Auftakt folgte eine Phase in Kleingruppen mit Betreuung durch erfahrene Jugendguides als Tutorinnen. Die Jugendlichen aus verschiedenen Orten des Landkreises erarbeiteten sich Biographien und Ereignisse zum Thema Deportation und Ausgrenzung von Jüdinnen und Juden in der NS-Zeit. Umgesetzt wurden diese regionalen Geschichten in Podcasts und Videos, für einige eine neue und spannende Form.

Ab Juli waren reale Treffen in kleinen Gruppen wieder möglich. Den Anfang machte ein prall gefülltes Wochenende mit Seminar und Radtour. Unter Anleitung eines Friedenspädagogen lernten die neuen Jugendguides authentisch zu agieren, sich selbst zum Thema NS zu positionieren und mit Gruppen als Vortragende/r umzugehen. Wer nicht im Seminar aufmerksam lauschte, saß auf dem Fahrrad. Eine zweite Gruppe radelte unter Leitung von Kreisarchivar Dr. Wolfgang Sannwald ein Teilstück der „Tour des Erinnerns“ von Reusten nach Hailfingen-Tailfingen. Zuvor hatten sich jeweils zwei Jugendguides auf eine der Stationen entlang der Strecke vorbereitet. Hier, wie auch im Seminar, gab es die Möglichkeit das erste Mal live vor einer Gruppe vorzutragen und Feedback zu erhalten.

Nach den Sommerferien schlossen sich zwei thematische Workshops an. Im September waren die neuen Jugenduides auf den „Spuren der Stolpersteine“ in der Tübinger Altstadt unterwegs oder beschäftigten sich mit der Rolle der Universität in der NS-Zeit, insbesondere ihrer Institute auf Schloss Hohentübingen. Beiden Workshops folgte unmittelbar ein öffentlicher Stadtgang, in dem die Jugendlichen ihr erworbenes Expertenwissen direkt an ihre Zuhörer weitergeben konnten.

Im Oktober lag der Fokus nochmal auf der „Tour des Erinnerns“. An der offiziellen Eröffnung mit Landrat Joachim Walter brachten sich die Jugendguides erneut ein und konnten dabei auf Wissen aus dem Sommer zurückgreifen. Zwischen Reusten und Hailfingen-Tailfingen verteilt erläuterten sie in Zweierteams ihre Stationen und standen den radelnden Zuhörern Rede und Antwort. Gut ausgerüstet und engagiert trotzten sie dabei dem grauen Wetter.

Und dann kam erneut Corona. Workshops vor Ort zu weiteren Themen, wie Erbgesundheit und Euthanasie, mussten aufgrund von Beschränkungen ausfallen. Auch eine geplante Exkursion zur Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg konnte nicht stattfinden.

Nun heißt es, wie schon zu Beginn, Treffen nur noch im virtuellen Raum. Bevor die Jugendguide-Qualifizierung ihrem Ende im Januar 2021 zu geht, finden die letzten Workshops in Videokonferenzen statt. Doch das Frühjahr hat gezeigt, auch das ist keine Schwierigkeit.

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Kategorien: Jugendguides / Qualifizierung 2020

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