Wohnorte deportierter Juden in Tübingen

 

Das Kreisarchiv Tübingen hat in den amtlichen Stadtplan der Universitätsstadt Tübingen von 1927 die Wohnadressen von Menschen eingetragen, die im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurden. Der Deportationsweg einiger der hier genannten 13 Tübingerinnen und Tübinger führte zunächst in ein Sammellager auf dem Killesberg in Stuttgart, von da per Zug nach Theresienstadt. Das dortige Lager im Gebiet des heutigen Tschechien war eine Mischform zwischen Ghetto, Konzentrationslager und Zwischenlager. Die letztgenannte Form bedeutet, dass Organe des Deutschen Reiches Menschen von Theresienstadt aus zur Ermordung in die Vernichtungslager im Gebiet des heutigen Polen weiter transportieren ließen.

Die Wohnorte in Tübingen waren über das gesamte Stadtgebiet verstreut und finden sich eher in den damaligen neueren Wohnvierteln. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Jüdinnen und Juden in Tübingen vor 1933 keineswegs in einer Ghettosituation lebten. In der „Judengasse“ hinter dem Rathaus lebte 1933 keine jüdische Familie, der Straßenname ist ein Hinweis auf das Mittelalter.

Viele Jüdinnen und Juden in Tübingen waren im Sinne heutiger Definitionen integriert. Es gab unter ihnen überproportional viele Akademiker, es gab auch Stadträte, einige engagierten sich in der allgemeinen sozialen Arbeit. Einige bewohnten Häuser in „besseren“ Wohnlagen. Proportional waren gleichviele jüdische Männer im Ersten Weltkrieg Soldaten gewesen und als solche ums Leben gekommen wie nichtjüdische Deutsche. Vor allem die rassistische Ausgrenzung seit 1933 änderte diese Situation grundlegend.

Ev0 20200009 de

 

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