Gestaltung eines Gedenkbuches für den Jüdischen Friedhof Wankheim

Einladung zur Einreichung von Vorschlägen

Der Jüdische Friedhof Wankheim ist einerseits ein bleibender Friedhof, andererseits ein Kulturdenkmal und ein Ort der Erinnerungskultur. Jüdische Gemeinden haben sich stets auch erinnerungskulturell gebildet: Zur Gemeinde gehörte, wer seine Familienmitglieder auf dem Friedhof bestattete. Millionen von Opfern der Shoah wurden in den Gaskammern der Vernichtungslager ermordet, ihre Leichen dort ein letztes Mal beraubt und in den Krematorien verbrannt. 14 von ihnen setzte ein Überlebender der Shoah aus Tübingen, Viktor Marx, einen Gedenkstein auf dem Jüdischen Friedhof. Derzeit geht das Kreisarchiv den Biografien von etwa 60 Menschen nach, die Opfer der Shoah sind und die einen engen Bezug zu Tübingen beziehungsweise zur jüdischen Gemeinde Tübingen hatten. Es geht um diejenigen, die hier geboren sind, hier längere Zeit gelebt haben oder von hier deportiert wurden. Sehr viele von ihnen stehen in Beziehung zu Familien, deren Mitglieder auf dem Jüdischen Friedhof Wankheim bestattet sind.

Deshalb erscheint der Jüdische Friedhof Wankheim als geeigneter Ort, um dort der Tübinger Opfer der Shoah zu gedenken. Das soll in Abstimmung mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg in Form eines Gedenkbuches geschehen. Diese Form hat die Stadt Tübingen am Gräberfeld X des Stadtfriedhofs und die Gedenkstätte Grafeneck in ihrem Gedenkgelände installiert. Die Form ist die eines Gedenkbuches aus Metall. Dieses Gedenkbuch hätte die Höhe eines Lesepultes (Format z.B.: 720/500/885 mm B/T/H) und würde jede Biografie auf einer umblätterbaren Metallseite in Buchformat enthalten. Die Texte enthalten einerseits standardisiert offizielle Lebensdaten in einer anhand der standesamtlichen Quellen geprüften Qualität: Geburtsdatum, Geburtsorte, Eltern, Heiratsdaten, Todesort, Todesdatum. Vertiefende Darstellungen über das darüber hinaus bekannte Leben der Genannten werden online verfügbar gemacht, entsprechende Links werden über einen QR-Code leicht abrufbar gehalten. Ein Anschluss an die von der Tübinger Stolperstein-Initiative verlegten Stolpersteine kann hier ebenfalls erfolgen. Die Form hat ein hohes diskursives Potential, da Seiten entnommen und neu erstellt werden können. Insofern kann die Form ebenso auf einen veränderten Forschungsstand reagieren wie auf erinnerungskulturelle Entwicklungen.

Die Jury zur Vergabe des Lilly-Zapf-Preises hat 2022 vorgeschlagen, als Alternative zur vorgesehenen schlichten Form des Gedenkbuches, gestalterische Entwürfe dafür entwickeln zu lassen. Die Jury möchte das diesjährige Preisgeld des Lilli-Zapf-Preises (1000.- €) dafür verwenden, besonders interessante und angemessene Gestaltungsentwürfe auszuzeichnen. Das Preisgeld stellt der Landkreis Tübingen zur Verfügung. Mit ihrem Engagement möchte die Jury darstellen, dass das Sanierungsvorhaben auch im Interesse jüngerer Generationen erfolgt und zukunftweisend ist. Die Vergabe des Lilli-Zapf-Preises ist für die Vergabe des Realisierungsauftrages für das Gedenkbuch durch die Kreisverwaltung nicht bindend. Sie wird dieses Votum aber neben finanziellen oder sachlichen Erfordernissen (Verkehrssicherheit, Stabilität gegen Vandalismus, Barrierefreiheit) stark gewichten.

Gedenkbuch und Online-Plattform sollen am 27. Januar 2023 öffentlich zugänglich gemacht werden. Gestaltungsvorschläge können bis 16. September 2022 in Form einer 1- bis 2-seitigen Darstellung (Text und Skizze) an jugendguide@kreis-tuebingen.de gesendet werden.

Logo Lilli-Zapf-Preis

Quelle: Kreisarchiv Tübingen

Evo 20220011 de

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